10. Dezember 2015: „Die Entscheidung – Kapitalismus versus Klima“

 

So betitelt sich ein Buch, das die kanadische Journalistin  Naomi Klein heuer veröffentlicht hat. Ihre Aussage: „Was wir dringend tun müssen ist, politische Entscheidungen herbeizuführen, die es den Menschen leicht machen, gute individuelle Entscheidungen zu treffen.“ Denn als Einzelne könne man nur wenig zum Klimaschutz beitragen. 

 

Naomi Klein sieht die Verantwortung in erster Linie bei der Politik. Der Einzelne sei auf die gegenwärtigen Strukturen angewiesen (z. B. Abhängigkeit vom fossilen Treibstoffen) und könne nicht von heute auf morgen aus diesem Kreislauf aussteigen. Das heißt, der Klimawandel lasse sich kaum durch individuelle Kaufentscheidungen aufhalten.

 

Der Kontakt mit Angelica Navarro, Botschafterin Boliviens, habe ihr sehr viel gegeben. Navarro betont, dass wir, die reichen Länder der Welt, in der Schuld des globalen Südens stünden, weil wir seit vielen Jahrzehnten Kohlenstoff ausstoßen. Daraus könne sich eine Form von Reparationszahlungen ergeben. Sie fordert einen Marshallplan für den Planeten Erde.

 

Naomi Klein stellt einen Zusammenhang her zwischen Neoliberalismus und Versäumnissen beim Klimaschutz: Mit dem Fall der Berliner Mauer 1989 - ein Jahr nach der Klimakonferenz in Toronto - und nach der Auflösung des „Ostblocks“ habe der Kapitalismus gesiegt und der Neoliberalismus zum Höhenflug angesetzt. Notwendig wäre gewesen, Reiche und Luftverschmutzer zu besteuern und im öffentlichen Sektor zu investieren. Aber Privatisierung habe als Allheilmittel gegolten. Man glaubte, der Markt würde über den Emissionshandel die Klimaprobleme lösen.

 

Es habe 2008 zur Finanz- und Wirtschaftkrise kommen müssen, damit den Menschen der Irrweg bewusst werden konnte. Dieses Wirtschaftssystem führe in die Katastrophe.

 

Dennoch seien die Eliten nicht von ihren Dogmen herunter gestiegen. Frau Klein bedauert, dass die Eliten im heutigen Wirtschaftssystem – also im System des ständigen Wirtschaftswachstums und des ständigen Wettbewerbs – etwas Normales sähen. Alles Andere sei nach Auffassung dieser Eliten Träumerei. Statt sich mit der Änderung dieses Wirtschaftssystems zu befassen, führten sie ernste Debatten, wie man durch Geoengineering den Klimawandel in den Griff bekommen könnte. So planen sie an extrem riskanten Methoden, wie man Schwefel in die Atmosphäre einbringen könnte, um die Sonneneinstrahlung zu reduzieren, oder wie man die Meere düngen könnte, um das Algenwachstum anzuregen und auf diese Art Kohlenstoff zu speichern.

 

Frau Naomi Klein plädiert dafür, dass sich die Antiausteritätsbewegung (Gegner der Sparpolitik) mit der Klimaschutzbewegung zusammenschließt. Ihre Hoffnung ist, dass der Klimawandel ein Katalysator ist für die Entstehung einer besseren Welt.

 

Quelle: Radiosendung „Im Gespräch“ auf Ö1 am 3. Dezember 2015 um 21 Uhr (Wiederholung einer Sendung vom 25. Juni 2015).