Brief vom 18. März 2017 an Nationalrätin Dr. Ruperta Lichtenecker:

 

 

Heinrich Höbarth

Fabrikstraße 28

4600 Wels

Tel.: 0664/4016102

heinrich.hoebarth@gmx.at                                                            Wels, 18. März 2017

 

Frau 

Abgeordnete zum Nationalrat

Dr. Ruperta Lichtenecker

Parlament

1017 Wien

ruperta.lichtenecker@gruene.at

 

Betrifft: Pyhrnbahn durchgehend zweigleisig und schnellzugtauglich machen

 

Sehr geehrte Frau Abgeordnete!

 

Für Ihre Kritik an der Bahnverbindung Linz-Graz bin ich Ihnen sehr dankbar! (OÖN vom 10. März 2017). Im Anschluss an diesen Artikel habe ich Sr. Gisela Radinger ersucht, ein Gespräch mit Ihnen zu vermitteln. Da von Seiten der ÖBB keine wesentlichen Anstrengungen in Richtung Attraktivierung zu erwarten sind (einerseits aus verständlichen Gründen), muss sich die Politik dieses Themas annehmen, sowohl die Landespolitik (OÖ, Stmk.) als auch die Bundespolitik.

 

Meine Motivation ist in erster Linie der Klimaschutz (bin Obmann des Vereins „Klimaschutz-Initiative“ www.ks-i.org und Mitarbeiter bei FAHRGAST OÖ). Der Klimaschutz und auch andere wichtige Gründe erfordern eine Halbierung des Energieeinsatzes – durch mehr Energieeffizienz und durch Sparverhalten. Denn aus erneuerbaren Energiequellen ist aus heutiger Sicht bis 2050 aus inländischer Erzeugung nur etwa die Hälfte des heutigen Jahres-Energieeinsatzes aufbringbar. Außerdem wird im Zuge des Umstiegs auf erneuerbare Energien der elektrische Strom immer mehr zur energetischen Hauptsäule des Verkehrs werden. Strom lässt sich aber auf Bahnstrecken wesentlich effektiver in Antriebsenergie umsetzen als auf dem Straßennetz. 

 

Deshalb ist eine massive Verkehrsverlagerung zur Bahn notwendig. Das kann aber nur gelingen, wenn die Bahn-Infrastruktur so ausgebaut wird, dass die Kapazität und Attraktivität des Bahnverkehrs stark gehoben werden und so diese Verlagerung ermöglicht bzw. stimuliert werden kann. Dies gilt in besonderem Maße für das hochrangige Bahnnetz, das ja das Rückgrat des gesamten öffentlichen Verkehrs bildet.

 

Die Bahnverbindung Linz-Graz gehört zu diesem hochrangigen Netz. Leider entsprach die bisherige Entwicklung auf dieser Relation nicht dem oben genannten Anliegen. Im Dezember 2010 begann der unhaltbare Zustand, dass es zwischen Linz und Graz keine direkte Schnellzugverbindung mehr gab. Es formierten sich aber Proteste, sodass seit Dezember 2013 wieder zwei IC-Zugpaare verkehren. Dies konnte man als Zeichen politischen Willens werten, dass es zwischen der zweit- und drittgrößten Stadt Österreichs doch auch Bahn-Direktverbindungen geben sollte.

 

Aber es müsste auch Signale einer Aufwärtsentwicklung geben. Als Ziel müsste der Zweistundentakt im IC-Verkehr angestrebt werden – und eine Fahrzeit, die mit dem PKW-Verkehr auf der Autobahn konkurrieren kann. Denn bloß zwei IC-Züge mit noch dazu einer unattraktiven Fahrzeit von 3 Stunden reichen nicht aus, um immer mehr Autofahrer für die Bahnnutzung gewinnen zu können. Leider lässt aber der Ausbauplan nach „Zielnetz 2025+“ keine wesentlich Verbesserung des Angebotes erwarten.

 

Der Flaschenhals der Relation Linz-Graz ist die 104 Kilometer lange, weitgehend eingleisige Pyhrnbahn Linz-Selzthal. Für diese Pyhrnbahn ist laut „Zielnetz 2025+“ zwar Ausbau vorgesehen, aber nur für den Nahverkehr Richtung Linz (Kirchdorf-Linz; durchgehende Zweigleisigkeit zwischen Rohr und Linz) und für den Güterverkehr. Die Kantenfahrzeit Linz-Selzthal soll laut diesem „Zielnetz 2025+“ lediglich von derzeit 90 Minuten auf 75 Minuten verkürzt werden.

 

Besonders mager ist der Ausbauplan für den 55 Kilometer langen Abschnitt Kirchdorf-Selzthal. Bloß bei der ehemaligen Haltestelle Linzerhaus (beim Nordportal des Bosrucktunnels) gibt es seit Herbst 2015 ein 1,4 km langes zweites Gleis. Zwei weitere zweigleisige Abschnitte mit Linienbegradigungen bzw. Linienverflachungen sind geplant, und zwar zwischen Kirchdorf und Klaus (10 km) und zwischen dem Bahnhof Hinterstoder und der ehemaligen Station Pießling/Vorderstoder (8 km). Außerdem soll dem Vernehmen nach ein neuer Bosrucktunnel in Planung sein.

 

Ansonsten wird aber weitgehend nur der bestehende eingleisige, kurvenreiche Linienverlauf erhalten. Folglich ist damit zu rechnen, dass bei der Modernisierung der Bahnsteige und der Erneuerung von Brücken keine oder nur geringe Korrekturen der Bahnlinienführung vorgenommen werden. Das heißt, es werden mit viel Geld in Beton gegossene Tatsachen geschaffen, die keiner wesentlichen Aufwärtsentwicklung entsprechen.  

 

Die Benachteiligung des Bahnabschnittes Kirchdorf-Selzthal zeigte sich bereits in den Jahren 2013 und 2014 bei der Erneuerung der beiden Brücken über die Steyr (Klaus-Stausee) und über die Teichl. Statt auf diesem vier Kilometer langen Abschnitt, in dem sich die zwei Brücken befinden, Zweigleisigkeit vorzusehen und im Sinne von Schnellzugtauglichkeit deutliche Linienbegradigungen bzw. Bogenverflachungen vorzunehmen, wurden die beiden, 20 Millionen Euro teuren Brücken bloß eingleisig errichtet und lediglich in den 70-km/h-Bestand eingefügt.

 

Man hätte wegen des knappen Geldes bei der Erneuerung der beiden Brücken nach einem Stufenplan vorgehen können. Man hätte sich zunächst mit der Erneuerung einer Brücke begnügen können, dafür aber in schnellzugtauglicher, zweigleisiger Ausführung (Richtgeschwindigkeit 160 km/h). Das wäre ein erster Schritt in Richtung Attraktivität gewesen. Einige Jahre später hätte man sich der Erneuerung der zweiten Brücke widmen können. Aber leider hat sich falsche Sparsamkeit durchgesetzt.

 

Damit so etwas nicht mehr passieren kann, ersuche ich Sie, sehr geehrte Frau Abgeordnete, sich dafür einzusetzen, dass ein neuer Ausbauplan erstellt wird, der über das „Zielnetz 2025+“ hinausreicht und für die gesamte Pyhrnbahn – also auch für den Abschnitt Kirchdorf-Selzthal – durchgehende Zweigleisigkeit und Schnellzugtauglichkeit zum Ziel hat. Auf der Basis eines solchen Planes soll ein entsprechender Korridor von Verbauung freigehalten werden. Durch schrittweisen Ausbau muss für IC-Züge eine Kantenfahrzeit von 60 Minuten möglich werden. Wegen der Geldknappheit kann bei der Umsetzung dieses neuen Planes in kleinen Schritten vorgegangen werden. Aber jedes Bahnausbau-Detail muss diesem neuen Plan entsprechen.

 

Da Bahnstrecken nicht alle paar Jahre umgebaut werden können, ist großzügiges und weitsichtiges Planen nötig. Es wäre Geldverschwendung, erst dann einen großzügigeren Ausbauplan zu erstellen, „wenn Verkehrszuwächse, die weit über die Verkehrsprognose 2025+ hinausreichen sollten, zu neuerlichen Kapazitätsengpässen führen würden“ (siehe beiliegender ÖBB-Brief vom 11. Juni 2013). Denn wie soll es durch den im „Zielnetz 2025+“ vorgesehenen Ausbau zwischen Kirchdorf und Selzthal im Personenverkehr zu Verkehrszuwächsen kommen, wenn auf Grund dieses minimalen Ausbaus das Personenverkehrs-Angebot kaum verbessert werden kann? Man müsste sogar befürchten, dass zwischen Kirchdorf und Selzthal die Pyhrnbahn immer mehr zur Güterverkehrsstrecke mutiert und der Personenverkehr mehr und mehr auf Busse verdrängt wird. Und was wäre, wenn es tatsächlich zu den angesprochenen Verkehrszuwächsen käme? Dann müssten die bis dahin getätigten Ausbauten wieder mit hohem Aufwand korrigiert werden.

 

Der Ausbau der West- und Südbahnstrecke ist zweifellos wichtig. Aber auch für die Bahn-Relation Linz-Graz – und generell für die alpenquerenden Bahnlinien – sind positive Perspektiven notwendig. Derzeit geht der Trend eher in Richtung Zwei-Klassen-Bahn: Attraktive Süd- und Westbahn, ansonsten Restbahn.

 

Von dieser Abstufung wäre auch die Pyhrnbahn betroffen. Deshalb ist für diese Bahn ein neuer Ausbauplan so wichtig und sollte von den Grünen vehement gefordert werden.

 

Auch für den Bahnabschnitt Selzthal-Graz müssen neue Planungen stattfinden:

 

Sowohl für Linz-Selzthal-Graz als auch für Salzburg/Innsbruck/Bregenz-Bischofshofen-Selzthal-Graz ist Leoben als Knoten besser geeignet als Bruck a. d. Mur. Mit der Konzentration auf den Knoten Leoben wurde es möglich, die Brucker Schleife in das IC-Konzept zu integrieren und eine Fahrzeiteinsparung zu erzielen.

 

Die Schoberstrecke Selzthal-St.Michael-Leoben ist fast durchgehend zweigleisig ausgebaut. Die Errichtung des Traidersbergtunnels zwischen Traboch und Leoben ermöglicht (bei Umfahrung von St.Michael) eine Abkürzung um 4 km, durch die eine Reduktion der IC-Fahrzeit zwischen Selzthal und Leoben erzielt wird. Durch Vollausbau und erhöhte Seitenbeschleunigung wird hier ebenfalls eine IC-Kantenfahrzeit von einer halben Stunde erreicht (derzeit 75 km, 40 Minuten mit Zwischenhalt in St.Michael), was für die Relationen Linz-Graz, Salzburg-Graz und Innsbruck/Bregenz-Graz vorteilhaft ist.

 

Die meisten Synergieeffekte sind durch den Ausbau der Murtalstrecke Leoben-Graz (Abkürzungen durch Tunnels) auf eine Kantenzeit von einer halben Stunde erreichbar (derzeit 68 km, 44 Minuten). Dadurch entstehen Vorteile für Wien-Graz-Klagenfurt (über Koralmbahn), Graz-Linz, Graz-Salzburg und Graz-Innsbruck/Bregenz).

 

So kann schrittweise auf Basis neuer Ausbaupläne die IC-Fahrzeit Linz-Graz von derzeit drei Stunden auf zwei Stunden verkürzt werden. Dies ist auch vorteilhaft für den Güterverkehr, für den ja auch die Transportzeiten von großer Bedeutung sind.

 

Bestrebungen, im IC-Verkehr den inneralpinen Knoten Selzthal zu umfahren (Linz-Wien-Graz; Salzburg-Villach-Klagenfurt-Koralmbahn-Graz), muss mit aller Bestimmtheit entgegengetreten werden!

 

Ich ersuche Sie um einen Gesprächstermin und verbleibe

 

mit freundlichen Grüßen

 

Heinrich Höbarth

 

Beilagen:

Briefe aus dem Jahr 2013

Petition der Bürgermeisterkonferenz des Bezirkes Kirchdorf, einstimmig beschlossen am 1. Februar 2017

 

Fast gleicher Brief erging am 15. März 2017 auch an die oberösterreichische Landesrätin Birgit Gerstorfer