14. Oktober 2014: Sozialpartner als Bremser beim Klimaschutz

 

Die österreichischen Sozialpartner bekennen sich zwar zum Klimaschutz, sie wenden sich aber gegen zu ambitionierte EU-Ziele, denn die könnten sich auf Arbeitsplätze und Wachstum negativ auswirken und dazu führen, dass Betriebe aus Europa abwandern. Diese Sozialpartner-Achse erinnert an die 1970er Jahre: Auch damals agierten die Sozialpartner, vor allem die Gewerkschaft und die Industrie, gegen den Umweltschutz, indem sie sich vehement für die Atomenergie einsetzten.

 

Vor einer wachstums- und beschäftigungsfeindlichen Klimapolitik der EU warnten die heimischen Sozialpartner-Präsidenten bei ihrem gestrigen Bad Ischler Dialog der Sozialpartner. Das Wichtigste sei die Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, sagte Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl. Eine Senkung der CO2-Emissionen um 40 % bis 2030 im Vergleich zu 1990, wie sie die EU-Kommission anstrebe, könne nur dann ein „tolles“ Ziel sein, wenn es „im internationalen Gleichschritt über Europa hinaus“ angestrebt werde. Es werde aber verfehlt, wenn Europa versuche, dieses Ziel alleine zu verfolgen, ohne andere Weltregionen mit ins Boot zu holen. Die hohen Kosten würden die Industrie aus Europa verdrängen. Die Abwanderung habe schon begonnen, was die VOEST beweise. Er habe Generaldirektor Eder gefragt, wie viele der 18 in den USA errichteten Werke in Europa hätten gebaut werden können, wenn es hier „vernünftige Voraussetzungen“ gäbe. Eder habe ihm mitgeteilt: „Die Hälfte.“

 

ÖGB-Präsident Erich Foglar betonte, es sei wichtig, Klimaschutz- und Industriepolitik auf vernünftige Weise unter einen Hut zu bekommen. Er warnte vor der Musterschüler-Rolle der EU bei der CO2-Reduktion, wenn diese zu Abwanderung der Industrieproduktion in Umwelt-Dumping-Länder führe. Ohne Industrie „werden wir vieles von unserem Sozialsystem nicht aufrechterhalten können“, so der ÖGB-Präsident.

 

Rudolf Kaske, Präsident der Bundesarbeiterkammer, bezeichnete einen stabilen Industrieanteil als einen wichtigen Faktor. Klima- und Industriepolitik dürften sich nicht gegenüber stehen.

 

„Wir spüren den Klimawandel unmittelbar“, sagte Hermann Schultes, Präsident der Landwirtschaftskammer Österreich. Er verwies gleichzeitig darauf, dass Österreichs Landwirtschaft durch die Bereitstellung von Biomasse einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz leiste.

 

Umweltminister Andrä Rupprechter betonte als Gastredner, er halte die Chancen „für einen internationalen Gleichschritt über die EU hinaus für recht gut.“ Er glaube daran, dass bei der 2015 stattfindenden UN-Klimakonferenz in Paris auch die USA und China mitziehen würden. Barack Obama habe signalisiert, dass es ein internationales Abkommen geben solle. Auch Chinas Vizepremier habe sich dafür ausgesprochen.

 

Wollen wir hoffen, dass Rupprechter Recht behält.

 

Österreich hat ja im internationalen Kampf gegen die Klimaerwärmung seine Rolle als Umweltvorreiter längst aufgegeben und ist weit von seinem Klimaschutzziel entfernt. 80 Millionen Tonnen Klimagase emittiert Österreich zur Zeit pro Jahr – statt die Emissionen um 13 % auf 69 Millionen Tonnen (Schnitt zwischen 2008 bis 2012) reduziert zu haben, wie im Kyotovertrag von 1997 vereinbart. An der Spitze der Verweigerung steht Österreichs Industrie. Zum Teil rühmen sich auch mit der Industrie verbündete EU-Abgeordnete sogar damit, eine Verschärfung des Emissionshandels verhindert zu haben. Die Industriellenvereinigung IV versucht mit allen Mittel, den Klimaschutz lächerlich zu machen und den Totalumstieg auf erneuerbare Energien für unmöglich zu erklären. Geradezu skandalös ist, was die IV gemeinsam mit den Oberösterreichischen Nachrichten veröffentlicht hat (hier).

 

Es ist schade, dass sich die Wirtschaftskammer mit der IV gleichschaltet. Sogar die Gewerkschaft lässt sich vor diesen jämmerlichen Karren spannen. Und die Landwirtschaftskammer macht auch mit.

 

Schande !!!

 

In den 1970er und 1980er Jahren spielte sich etwas Ähnliches ab. Auch damals präsentierten sich Sozialpartner als ewig Gestrige und agierten gegen den Umweltschutz. In den 1970er Jahren hatte sich eine Sozialpartner-Achse aus Gewerkschaft, E-Wirtschaft und Industrie formiert, um uns Bürgerinnen und Bürgern einzuhämmern, dass ohne Atomkraftwerke eine große Zahl an Arbeitsplätzen gefährdet sei. Aber damit nicht genug: Nach der Volksabstimmung am 5. November 1978, die bekanntlich zu einem knappen Nein zur Atomenergie geführt hatte, agitierte diese Achse weiter und verfolgte – unterstütz mit massiver Öffentlichkeitsarbeit – das Ziel, eine Wiederholung der Volksabstimmung zu erreichen.

 

Dieses Sozialpartner-Lobbying endete erst mit der Katastrophe von Tschernobyl am 26. April 1986.

 

Ähnliches spielte sich einige Jahre später ab, als die E-Wirtschaft, unterstützt von Gewerkschaft und Industrie, um jeden Preis bei Hainburg ein Donaukraftwerk errichten wollte und damit eine urwaldähnliche Aulandschaft vernichten wollte. Es kam im Dezember 1984 zur Besetzung der Stopfenreuther Au bei Hainburg durch Umweltaktivisten, die die Einstellung der Rodungsarbeiten erreichten. Die Räumungsaktion der Exekutive musste auf Grund des massiven gewaltlosen Widerstands der wachsenden Zahl der Umweltschützer abgebrochen werden.

 

Haben die Sozialpartner aus diesen Vorkommnissen der 70er und 80er Jahre etwas gelernt? Offensichtlich nicht. Denn auch gestern lautete das Statement der Sozialpartner-Präsidenten: „Weitermachen wie bisher!“

 

Aber gerade dieses Nichts-ändern-Wollen ist die größte Gefahr für die Arbeitsplätze. Denn viele konventionelle Arbeitsplätze bauen auf einem System auf, das nicht haltbar ist: Weiterhin konsumieren, was das Zeug hält, und nächstes Jahr noch mehr, denn das verlangt das Wachstum.  

 

Wieso erkennen immer mehr einfache Mensche, dass es nicht so weitergehen kann, aber die Herrn Präsidenten nicht?