15. Jänner 2016: Ölkonzerne gaben Millionen von Dollar für falsche Informationen über den Klimawandel aus

 

 

Seit etlichen Jahrzehnten wissen die großen Erdölkonzerne in den USA und in Europa um die Auswirkungen der Treibhausgase auf das Weltklima. Dennoch gaben sie bis heute Millionen für Desinformationskampagnen und Berichte von Experten aus, die die Erderwärmung leugnen.

 

Eine NGO zeichnet nach, wie die Wissenschaft in Zweifel gezogen werden sollte:

 

Bereits 1981, mehr als zehn Jahre vor dem ersten Treffen der UNO-Klimarahmenkonvention, hatten führende Manager des Ölgiganten ExxonMobil den Zusammenhang zwischen fossilen Brennstoffen und Klimaveränderungen erkannt. Dies geht aus dem Bericht „Climate Deception Dossiers“ des renommierten amerikanischen Vereins besorgter Wissenschafter (UCS) mit Sitz in Washington hervor. Darin hat die 1969 gegründete NGO die Taktiken von Firmen wie ExxonMobil, Shell, Peabody Energy, Chevron und Conoco-Phillips dokumentiert, die darauf abzielen, die wissenschaftliche Forschung zu unterminieren.

 

„Schon damals kalkulierten sie die Risiken des Klimawandels bei ihren Geschäften ein. 34 Jahre später haben sie nicht aufgehört, die Klimaforschung zu diskreditieren“, kritisierte Nancy Cole, Kampagnenchefin der Wissenschaftsgruppe. Der Bericht will die Strategie von Exxon und anderen aufzeigen. „Ziel war es, Zweifel zu schüren. Dazu brauchten die Firmen den Klimawandel gar nicht zu widerlegen, sondern mussten den Menschen nur einreden, dass es in der Klimafrage keinen Konsens gibt“, meint Cole. Zu den Leugnern des Klimawandels gehört der Astrophyysiker Wie-Hock Soon, der laut UCS zwischen 2001 und 2012 mehr als 1,2 Millionen Dollar Honorar von Ölkonzernen kassiert haben soll. In mehreren seiner wissenschaftlichen Arbeiten hat Soon demnach den Einfluss der Sonne auf die Erderwärmung übertrieben dargestellt.

 

Andere Forscher, Fachmagazine und der Weltklimarat haben regelmäßig widersprochen. Konservative Politiker und Großunternehmen benutzten hingegen seine Schriften, um dem Konsens über den Klimawandel infrage zu stellen.

 

Der Klimaexperte Lenny Bernstein, der in den 1980er Jahren für Exxon gearbeitet hatte, erklärte 2014 in einem E-Mail, dass sich der Konzern bereits 1981 über die Auswirkungen des CO2-Ausstoßes im Klaren gewesen sei. Bernstein zufolge entschied sich das Unternehmen damals gegen eine Förderung der Naruna-Gasreserven vor der Küste Indonesiens, nachdem es von der riesigen Menge an Kohlendioxid erfahren hatte, die bei den Arbeiten freigesetzt worden wäre.

 

Damals wäre ein CO2-Ausstoß dieses Ausmaßes mit etwa einem Prozent aller weltweiten Emissionen die größte Einzelursache für die Klimaerwärmung gewesen. In den 1980er Jahren habe Exxon die Gefahr gesehen, dass eine solche Klimabelastung striktere Regelungen zum Nachteil künftiger Förderprojekte nach sich ziehen könnte.

 

Der UCS-Bericht beinhaltet auf mehr als 330 Seiten rund 80 Dokumente, die in 27 Jahren innerhalb von Unternehmen und Handelsorganisationen kursierten. Dem American Petroleum Institute (API), das sich als Vertreter der US-Ölindustrie bezeichnet, kommt eine tragende Rolle zu. In einem firmeninternen Strategiepapier von 1998 wird ein Zeitplan entworfen, um der zunehmend an Bedeutung gewinnenden Klimaforschung Paroli zu bieten. Wissenschaftern, die den Klimawandel nicht als Gefahr darstellten, sollten finanzielle Anreize geboten werden. Das Ziel wäre erreicht, wenn „der Durchschnittsbürger versteht, dass es innerhalb der Klimawissenschaften Unsicherheiten gibt“, heißt es. API wollte dazu keine Stellungnahme abgeben.

 

Die Vorgehensweise ähnle der Methode der Tabakindustrie, sagte die Juristin Sharon Eubanks, die dem US-Justizministerium zu einer erfolgreichen Klage gegen die Tabakunternehmen verhalf. „Je später das Wissen um die Schädlichkeit anerkannt wird, desto Länger lassen sich Gegenmaßnahmen hinauszögern“, betont sie auf der Website DeSmog. Man würde der Tabakindustrie wohl kaum erlauben, an Maßnahmen zur Bekämpfung des Tabakkonsums mitzuwirken. „Warum also gestatten wir der Erdölindustrie, die Klimapolitik mitzubestimmen?“, fragte Katherine Sawyer von der Organisation Corporate Accountability International in Anspielung auf die UNO-Klimapolitik.

 

Einige Unternehmen haben sich inzwischen öffentlich bereit erklärt, zu einer Lösung des Problems beizutragen. Sechs große europäische Konzerne – Shell, BP, Total, Statoil, BG Group und ENI – ließen in einem offenen Brief den Weltklimarat und die französische Regierung wissen, dass sie rascher auf den Klimawandel reagieren und Emissionen senken könnten, wenn die Staatengemeinschaft ein globales Preissystem für fossil Brennstoffe schaffen würde, also eine CO2-Steuer.

 

Für die Kritiker aber haben die Energiekonzerne durch eine jahrzehntelange Blockadepolitik ihre Glaubwürdigkeit verspielt. In der 2013 veröffentlichten Carbon-Majors-Studie heißt es, dass 90 Unternehmen, von denen 50 börsenotiert sind, in den vergangenen 250 Jahren für fast zwei Drittel der weltweiten Emissionen verantwortlich sind. Mehr als die Hälfte der gesamten industriellen Emissionen wurde nach 1988 freigesetzt.

 

Quelle: Salzburger Nachrichten vom 17. August 2015, aktualisiert