16. Dezember 2016: Kritische Stimmen zur Förderung für Elektro-Autos

 

Unsere Politik ist gewillt, ab März 2017 bis Ende 2018 eine Förderung für E-Autos in der Höhe von 4000 Euro pro Autokauf zu gewähren. Im Grunde genommen eine gutzuheißende Aktion. Dennoch gibt es berechtigte Kritik.

 

 

Soziale Komponente muss zum Tragen kommen

 

Die derzeitige Förderung für den Kauf eines E-Autos muss als Anschubförderung betrachtet werden, damit überhaupt ein Markt entstehen kann. Es wird dabei in Kauf genommen, dass der kleine bedürftige Autokonsument vergessen wird. Denn ein Pendler, der täglich zig Kilometer zu seiner Arbeitsstätte zurücklegen muss – für einen Lohn von 1400 bis 1600 Euro – kann sich ein solches Auto gar nicht leisten, während sich Vermögende vielleicht neben ihrem Benziner oder Diesel-Fahrzeug ein zusätzliches Auto mit E-Antrieb kaufen werden. Deshalb muss ehebaldigst ein Übergang zu einer sozial ausgewogenen Förderung stattfinden.  

 

 

Der Strom muss von erneuerbaren Energiequellen kommen

 

Ein ökologisch verträglicher E-Antrieb ist nur auf der Basis erneuerbarer Energiequellen akzeptabel. Deshalb muss klar sein, dass für den Aufladevorgang in der eigenen Garage nur Strom von der eigenen Produktion erneuerbarer Energie bzw. nur Strom von einem Ökostromanbieter in Frage kommt. Das heißt, „schmutziger“ Strom scheidet aus, also Strom, der nicht nur von erneuerbaren Energiequellen kommt, sondern auch von Fossil- und/oder Atomkraftwerken. Übrigens: Ebenso abzulehnen ist Wasserstoff als Treibstoff (für Brennstoffzellen oder Verbrennungsmotoren), wenn er nicht aus Sonnen-, Wind- und/oder Wasserkraft gewonnen wird, sondern aus Erdgas.

 

Für das Aufladen der Batterie außerhalb der eigenen Garage müssen Politik und Stromhändler in Zusammenarbeit eine Struktur schaffen, wie man zu sauberem Strom kommen kann.

 

Ab einer bestimmten Intensität von Eingriffen in Landschaften und Biotope und ab einer bestimmten Größe (Gigantomanie) können auch Anlagen zur Gewinnung von erneuerbarer Energie zum Problem werden. Es kann zu ökologischer und sozialer Unverträglichkeit kommen.

 

Hier können in Österreich aktuell Elektro-Autos aufgeladen werden:

www.e-tankstellen-finder.com

 

 

Wir müssen unseren Energieverbrauch halbieren. Das Effizienz- und Sparpotenzial ist sehr groß, auch im Verkehr

 

Österreichs Gesamtenergieverbrauch liegt bei 1400 PJ pro Jahr. Wenn alle Möglichkeiten der heimischen Ernte erneuerbarer Energien ausgeschöpft werden, dann kann aus heutiger Sicht – ökologisch und sozial verträglich und so rasch, wie die Dringlichkeit des Klimaschutzes es erfordert (etwa bis 2050) – rund die Hälfte unseres heutigen Gesamtenergiebedarfes erneuerbar aufgebracht werden.

 

Daher ist parallel zur Offensive bei den erneuerbaren Energien auch eine Offensive beim Energie- und Verkehrssparen und bei der Energie- und Verkehrseffizienz erforderlich. Vermeidung von motorisiertem Verkehr (mehr zu Fuß und mit dem Fahrrad) und Verkehrsverlagerung zur Bahn und zum öffentlichen Verkehr generell spielen dabei eine wesentliche Rolle,

 

Um diese Ziele erreichen zu können, bedarf es einer enormen nationalen Anstrengung. Information, Motivation, Förderungen und Freiwilligkeit sind wichtig, werden dafür aber nicht reichen. Es werden auch Druck, Fristen und Pflichten notwendig sein. So wäre es z. B. höchst an der Zeit, die Einführung einer CO2-Abgabe zu planen (niedrig beginnend, in kleinen Schritten steigend). Das heißt, die Bundes- und Landespolitik ist gefordert. Die gesamte Bevölkerung und Wirtschaft müssen für die Energie- und Verkehrswende gewonnen – und auch dazu verpflichtet werden.

 

 

Berechnungen und Annahmen unseres Vereins Klimaschutz-Initiative ks-i

 

 

Das E-Auto ist keine Patentlösung für Verkehrsprobleme

 

Wir brauchen nur den Autoverkehr auf E-Antrieb umstellen – und können ansonsten so weitermachen wie bisher? Nein, so einfach geht das nicht! Denn auch mit dem E-Auto steht man im Stau. Das E-Auto ist nur als Teil eines Gesamtplans, der in die Energiewende eingebettet sein muss und in dem der öffentliche und nichtmotorisierte Verkehr eine wesentliche Rolle spielen, ein Fortschritt. An der Vermeidung motorisierten Verkehrs und an der massiven Verkehrsverlagerung zur Schiene bzw. generell zum öffentlichen Verkehr führt kein Weg vorbei. Auch die Raumordnung muss in einem solchen Gesamtplan eine wesentliche Rolle spielen.

 

 

Erneuerbare Energien müssen der Substitution fossiler Energien (und von Atomstrom) dienen

 

Die Energiewende darf kein additiver, sondern muss ein substitiver Prozess sein. Das heißt, es darf nicht passieren, dass zwar in zunehmendem Ausmaß Energie aus erneuerbaren Quellen gewonnen wird, der Verbrauch fossiler Energien (und von Atomstrom) aber nicht zurückgeht. Die Gewinnung von erneuerbaren Energien würde so für den Zuwachs des Gesamtenergieeinsatzes missbraucht werden.

 

Es muss im Gegenteil zu einer Substitution fossiler Energieträger (und von Atomstrom) durch erneuerbare Energieträger kommen. Ja noch mehr: Die Halbierung des Gesamtenergieverbrauchs muss anvisiert werden. Gleicher Wohlstand bei halbem Energieeinsatz ist möglich.

 

Voraussetzung für diese Halbierung des Gesamtenergieeinsatzes ist die Stabilisierung der gesamtösterreichischen Nachfrage nach Dienstleistungen bei Energie und im motorisierten Verkehr. Nur so können Energieeffizienz und Energiesparverhalten zur Senkung des Gesamtenergiebedarfes führen.

 

Dies muss besonders den Käufern von SUV und Geländewagen ins Stammbuch geschrieben werden. Denn noch nie wurden in Österreich solche Autos in so großer Zahl gekauft wie 2016. Ihr Spritverbrauch liegt im Durchschnitt um ein Viertel höher als der von herkömmlichen Modellen. 

 

 

Strom aus erneuerbaren Energiequellen wird die energetische Hauptsäule des Verkehrs werden. Biotreibstoffe werden hingegen nur eine geringe Rolle spielen können

 

275 bis 300 PJ Energie-Biomasse pro Jahr, also Holz, Stroh und Biogas, können – ökologisch und sozial verträglich und aus heimischer Aufbringung – als realistisches Ziel betrachtet werden, also knapp ein Viertel des heutigen Verbrauches an Brenn- und Treibstoffen.

 

Die Landwirtschaft als Energielieferant? Die Landwirtschaft hat in erster Linie gesunder Ernährung zu dienen und nicht der Treibstoffgewinnung. Ökologisierung der Landwirtschaft ist das Gebot unserer Zeit und die sorgfältige Verwendung der landwirtschaftlichen Abfälle für die Bodenbedeckung und für die Biogasgewinnung – nicht die Verarbeitung der Überproduktion zu Agrosprit. Dazu kommt, dass die herkömmliche Landwirtschaft (Spritzmittel, synthetische Dünger) ohnehin nicht als nachhaltige Basis für die Erzeugung von Biotreibstoffen taugen würde. Mit dem Import von Biotreibstoffen bzw. Biotreibstoff-Rohstoffen und von Futtermitteln (z. B. Soja) für die Tierfütterung und für den exzessiven Genuss von tierischer Nahrung verschieben wir außerdem die ökologischen Probleme in Entwicklungs- und Schwellenländer und verursachen dort zusätzlich massive soziale Probleme.

 

Bleibt nur die klassische Energie-Biomasse. Sie ist die wichtigste Säule künftiger Gewinnung erneuerbarer Energie. Aber der limitierende Faktor ist die Fläche. Und sie ist einfach zu wertvoll, um sie bloß verlustreich in großem Stil zu Treibstoffen zu verarbeiten und noch einmal verlustreich in Otto- und Dieselmotoren zu verbrennen und die Abwärme in die Luft zu blasen. Die Stärke der Biomasse liegt in ihrer natürlichen Speicherbarkeit. Daher ist sie prädestiniert als Speicher für die kalte Jahreshälfte. Es ist wesentlich effektiver, in der Heizperiode Biomasse/Biogas in Heizkraftwerken in Wärme und Strom umzuwandeln und den Verkehr mit Strom zu betreiben. Auch die Schadstoffemissionen sind so leichter in den Griff zu bekommen.

 

Mit Biotreibstoffen wird man daher nur einen kleineren Teil zur Energieversorgung des Verkehrs beitragen können. Die Probleme im Kfz-Tank lassen sich nicht mit Biomasse lösen!

 

Beim Strom aus Wind, Sonne und Wasserkraft (kurz „Solarstrom“) kann es hingegen Wachstum geben. Ca. 160 PJ wurden 2015 an erneuerbarem Primärstrom geerntet (hauptsächlich Wasserkraft). Bis 2050 ist aus heutiger Sicht bei Strom aus erneuerbaren Quellen eine Verdoppelung möglich (einschließlich aus der Verstromung von Biomasse und Biogas in Kraft-Wärme-Kopplung). Bei der Wasserkraft ist vor allem bei der Effizienzsteigerung in bestehenden Kraftwerken Potenzial vorhanden. Bei der Windkraft ist eine Offensive nötig und noch viel mehr bei der Photovoltaik.

 

 

Nur massentaugliche Ladetechnik favorisieren

 

Langsames Aufladen der Batterie über einen längeren Zeitraum (z. B. über Nacht) ist dann möglich, wenn der E-Auto-Besitzer über einen eigenen geschützten Platz (z. B. in der Garage zu Hause bzw. am Arbeitsplatz) verfügt.

 

Schnelleres Aufladen ist dann nötig, wenn dem E-Auto-Besitzer kein eigener Platz zur Verfügung steht oder ein langsames Laden aus Zeitmangel nicht möglich ist. „Schnelleres Aufladen“ ist aber ein relativer Begriff, denn Strom ist keine chemisch gespeicherte Energieform wie Benzin oder Diesel, die man nur von einem Ort zum anderen transferieren muss, sondern Strom muss fließen und braucht je nach „Dichte“ des Flusses (Ampere) Zeit. Und die Fließdichte hat eine Grenze, die von der Aufnahmefähigkeit der Batterie abhängt, aber auch von der Zahl derer, die an einer Stelle gleichzeitig „tanken“ und deshalb das Stromnetz mehr oder weniger belasten.

 

Man bedenke: Ein Liter Benzin oder Diesel hat immerhin einen Energiegehalt von ca. 10 kWh. 50 Liter Treibstoff zu tanken heißt demnach, in kürzester Zeit ca. 500 kWh in den Tank fließen zu lassen. Das ist vielen Autofahrern nicht bewusst.  

 

Man wird sich also daran gewöhnen müssen, dass das „E-Tanken“ im Fernreiseverkehr auf der Basis des derzeit favorisierte On-Board-Systems (Batterie bleibt während des Ladevorgangs im Auto) eben eine bestimmte Zeit beansprucht. Das System E-Auto zu Ende zu denken heißt, alle 4,8 Millionen Autobesitzer haben auf E-Antrieb umgestellt. Da kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass es trotz weit verzweigtem Ladenetz an so manchen Massen-Ladestationen an Autobahn zu bestimmten Zeiten zu Staus kommen wird und man mit deutlichen Reiseverzögerungen konfrontiert sein wird.

 

Das E-Auto sollte aber universell nutzbar sein. Das heißt, seine Dienste sind nicht nur für Kurzstrecken wichtig, sondern es sollte auch fernverkehrstauglich sein (trotz häufiger Nutzung der Bahn für Fernreisen). Es sollte möglich sein, ohne Benzin- oder Diesel-betriebenes Zweitauto auszukommen. Das heißt, man sollte längere Autoreisen unternehmen können, ohne langes Warten bei Ladestationen in Kauf nehmen zu müssen.

 

Die Lösung dieses Problems ermöglicht das Off-Board-System: Die entladene Batterie wird bei einer Ladestation mit Hilfe eines Roboters überprüft und ohne großen Zeitverlust gegen eine geladene ausgetauscht. Die Ladestation ist zugleich eine Batteriezentrale mit einem großen Batterielager, das zugleich als Stromspeicher fungiert. Die derzeitigen Tankstellen könnten für diese Aufgabe erweitert werden. 

 

 

Daher ist das Off-Board-System das massentaugliche System und sollte favorisiert werden

 

Voraussetzung für dieses System ist aber, dass die Batterien der einzelnen Hersteller untereinander austauschbar sind (wie derzeit die Treibstoffe der verschienen Formen genormt sind), sodass sich zuallererst die Hersteller bezüglich der technischen Daten der Batterien zu verständigen haben. Das heißt, dass die Herausbildung eines einheitlichen Industriestandards unerlässlich ist – wie überhaupt im Bereich der E-Mobilität die Standardisierung der Komponenten dringend erforderlich ist.

 

 

Herausforderung für Speichertechnik

 

Mit der zunehmenden Elektrifizierung des Autoverkehrs müssen auch die Speicherkapazitäten deutlich erhöht werden, damit gespeicherter Solarstrom dann zur Verfügung steht, wenn große Mengen an E-Autos aufgeladen werden, z. B. in der Nacht. 

 

Die Ladestationen des Off-Board-Systems, die – wie oben erwähnt – mit Batterielagern zur Stromspeicherung ausgerüstet wären, könnten hier als wichtige Ergänzung dienen.

 

 

Sozial und ökologisch verträgliche Batterietechnik

 

Ein funktionierendes Batterien-Recycling ist Voraussetzung für die ökologische Verträglichkeit des E-Autos. Ebenso wichtig ist, dass nur Batterie-Rohstoffe zum Einsatz kommen, bei deren Gewinnung strenge Umweltauflagen erfüllt werden und die ohne Ausbeutung von Menschen armer Länder bzw. ohne massive Natureingriffe verfügbar sind. Dass die Gewinnung von Lithium gar nicht so einfach ist, zeigt der folgende Link: https://ksi.jimdo.com/aktuell/news/28-mai-2/

 

 

Die Eisenbahn ist auf den elektrifizierten Strecken ein Umwelt- und Klimaschutzsystem

 

Auf Bahnlinien lässt sich der Strom wesentlich effektiver in Fortbewegung umsetzen als auf Straßen. In Österreich ist auf dem hochrangigen Bahnnetz, das durchgehend elektrifiziert ist, der Verkehr mit über 80 Prozent Wasserkraft-Strom die bereits vorhandene, umwelt- und klimafreundliche, hoch effiziente Struktur für E-Mobilität. Neben Vermeidung motorisierten Verkehrs muss daher eine massive Verkehrsverlagerung zur Schiene ein Hauptanliegen sein. Deshalb sind für ganz Österreich (also nicht nur auf der Weststrecke und auf der Südbahn) Planungen notwendig, die eine Ausbauoffensive ermöglichen, die so viel Kapazität und Attraktivität zum Ziel hat, dass diese massive Verkehrsverlagerung ermöglicht bzw. stimuliert werden kann.

 

Für Diesel-Bahnstrecken muss die Elektrifizierung angestrebt werden.

 

Das Tempo beim Straßenbau ist hingegen zu reduzieren.

 

 

Verkehrswende ist ohne Ökologisierung der Preis-, Gebühren- und Steuerpolitik nicht vorstellbar

 

Devise: Im Verkehrssektor das Umwelt- und Klimaschädliche steigend finanziell belasten, das Umwelt- und Klimafreundliche durch Umschichtung finanziell fördern und für die Konsumenten verbilligen.

 

Beispiele für steigende finanzielle Belastung:

- CO2-Abgabe auf fossile Brenn- und Treibstoffe (und Atomstrom), Link zur CO2-Abgabe: https://ksi.jimdo.com/aktivitäten/projekt-2012/  

- Angleichung der Diesel-Besteuerung an die Benzinbesteuerung,

- stärkere Spreizung der NoVA,

- steigende Flugticketsteuer (statt Verbilligung!),

- nach Schweizer Vorbild: schrittweise Anhebung der LKW-Maut auf Schweizer Niveau, Bemautung aller Straßen und Verwendung von 2/3 der Mauteinnahmen für den Bahnausbau (https://de.wikipedia.org/wiki/Schwerverkehrsabgabe_(Schweiz))

 

Beispiele für sinkende finanzielle Belastung:

- Senkung der Ticketpreise im öffentlichen Verkehr (statt Verteuerung!),

- Anschubförderung (wie vorgesehen) für den Kauf von E-Autos. Diese Förderung ist notwendig, denn derzeit sind E-Autos noch zu teuer.