18. Februar 2016: Förderungen, die der Umwelt und dem Klima schaden

 

 

Förderungen können wirkungsvolle Lenkungsinstrumente sein. Doch manche Förderungen bewirken genau das Gegenteil des Erwünschten. 

 

In Österreich werden jährlich 3,8 bis 4,7 Milliarden Euro an Förderungen vergeben, die schädlich für Umwelt und Klima sind. Diesen Vorwurf erhob gestern der Klima- und Energiefonds (KliEn). „Die Dimension hat sogar uns überrascht“, sagte KliEn-Geschäftsführer Ingmar Häbarth. Er meinte damit das Ergebnis einer Studie, mit der das Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) im Auftrag des KliEn den Ist-Zustand erhob. Die Autorinnen, Angela Köppl und Daniela Kletzan-Slamanig, kamen auf diese riesige Summe, indem sie die direkten Subventionen und Steuervorteile auf ihre Auswirkun-gen auf Umwelt und Klima untersuchten. Höbarth: „Dieses Volumen zeigt, welch großes Potenzial für Verbesserungen es gibt.“

 

Größter Einzelbrocken: Dieselbegünstigung

 

640 Millionen Euro gehen dem Fiskus durch die Dieselbegünstigung verloren (Mineralölsteuer pro Liter zum Vergleich: 0,425 Euro für Diesel, 0,515 für Benzin, also 9 Cent Differenz). Ursprünglich war die Steuerbegünstigung für Diesel für den gewerblichen Güterverkehr gedacht. Davon profitierten aber auch Private. Die Folge war, dass der Anteil an Diesel-PKW von 2000 bis 2014 von 37 auf 57 Prozent stieg. Gleichzeitig erhöhten sich die CO2- und Feinstaubemissionen stark.

 

Ein weiterer Problemposten ist die Pendlerpauschale (560 Millionen Euro), die für die Umwelt insofern schädlich ist, als Personen, die mit dem Auto in die Arbeit pendeln, laut geltender Regelung stärker unterstützt werden als Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel. Folge davon ist eine fortschreitende Zersiedelung, was nicht nur aus Umweltgesichtspunkten hinterfragenswert ist.

 

Zur Wohnbauförderung1) (275 Millionen Euro) kommt als zusätzliches Problem dazu, dass die Richtlinien dafür als Landessache uneinheitlich sind und viel zu wenig streng gehandhabt werden. Dazu Wifo-Chef Karl Aiginger: „Eigentlich sollte es so sein wie in Dänemark. Neue Wohnungen dürften nicht mehr mit fossilen Energien beheizt werden. Wenn wir heute neu bauen, dann sollte es nicht mehr möglich sein, es mit fossilen Energien zu machen. Das ist in Dänemark Gesetz. Es könnte auch in Österreich Gesetz sein.“ Dafür sei die Politik zuständig. Man müsse mehr auf die Gesamtkosten beim Wohnbau schauen.

 

Aiginger weiter: „Eigentlich müsste man jetzt permanent warnen: ,Wer heute eine Wohnung kauft, ein Haus oder Büro baut oder ein Auto kauft, die bzw. das mit fossiler Energie betrieben ist, der wird in nächster Zeit sehr stark steigende Kosten haben.’ “

 

Auf ca. 450 Millionen Euro beläuft sich im Schnitt die Energieabgabenvergütung für energieintensive Industriebetriebe. Aiginger spricht sich dezidiert gegen einen Deckel für die Industrie bei der Energieabgabe aus. Als Kompensation für Energieeffizienz-Maßnahmen der Industrieunternehmen schlägt der Wifo-Chef vor, die Forschung zu unterstützen und bei der Höherqualifizierung von Arbeitskräften behilflich zu sein.

 

Mit umweltschädlichen Förderungen werde Österreich seine Klimaziele nicht erreichen, betont Wifo-Chef Aiginger. Diese Subventionen würden umweltschonende Produktions- und Konsummuster verhindern und die Kosten von Alternativen erhöhen.

 

„Die staatliche Lenkung der Wirtschaft ist unvorstellbar ungeschickt“

Karl Aiginger, Wirtschaftsforschungsinstitut

 

Nur durch den schrittweisen, aber konsequenten Ausstieg aus fossilen Energien könne das im Dezember bei der Klimakonferenz in Paris vereinbarte Ziel erreicht werden, betont Aiginger. Österreich solle die schädlichen Subventionen umschichten und mehr in Klimaschutz investieren. Das würde zusätzlich auch Exportchancen eröffnen, so Aiginger. Er plädiert für eine ökologische Steuerreform. Dazu solle proaktiv die Industrie einbezogen werden. Arbeit sei nämlich derzeit viel stärker besteuert als Emissionen.

 

Bei rund zwei Dritteln der gesamten umwelt- und klimaschädlichen Förderungen könnte Österreich selber ändernd eingreifen, beim Rest ist Österreich von internationalen Regeln abhängig, z. B. bei der Steuerbefreiung des Flugverkehrs, bei der Verstromung von Erdgas oder beim nichtenergetischen Einsatz fossiler Energieträger (Verwendung von fossilen Energieträgern in der chemischen Industrie für die Erzeugung von Kunststoffen und anderen Produkten).

 

 

Die 10 umweltschädlichsten Förderungen

Fördersumme in Österreich pro Jahr in Millionen Euro

1.      Diesel-Steuerprivileg…………………………………………………………

2.      Pendlerförderungen („Pendlerpauschale“)….…………………………....

3.      Energieabgabenvergütung Industrie (für energieintensive Industrie)….

4.      Mineralölsteuerbefreiung für Flugverkehr…………………………………

5.      Steuerfreiheit für fossile Energie außerhalb des Energiesektors………

6.      Wohnbauförderung Neubau………………………………………………..

7.      Pauschale Dienstwagenbesteuerung……………………………………..

8.      Mehrwertsteuerbefreiung internationaler Flugverkehr…………………..

9.   Stellplatzverordnung (Vorschreibung Pkw-Parkplätze)………………….

10. Gratisemissionszertifikate für Industrie (EU)……………………………..

640

560

450

330

300

275

225

185

114

100

 

 

Quellen:

Ö1-Rundfunksendung „Mittagsjournal“ vom 17. Februar 2016

Tageszeitungen "Der Standard", "Oberösterreichische Nachrichten" und "Salzburger Nachrichten", alle vom 18. Februar 2016

 

 

 

Anmerkung 1): Als Problem wird im Wohnbausektor gesehen, dass die Förderung zu wenig differenziert, sodass der Flächenverbrauch enorm ist, die Bereitstellung bzw. Nutzung von Parkplätzen begünstigt wird, durch die Zersiedelung zusätzliche Verkehrsströme und Verkehrsflächen generiert werden und beim Bau von Einfamilienhäusern die verbaute Fläche häufig zu groß ist.

 

 

Zum Volltext der Studie: https://www.klimafonds.gv.at/assets/Uploads/Presseaussendungen/2016/PK-Wifo-Subvention/StudieSubventionen-und-Steuern-mit-Umweltrelevanz2016.pdf