24. März 2016: Ölland Norwegen will ab 2025 den Verkauf von Benzin- und Dieselautos verbieten

 

Ölquellen haben Norwegen reich gemacht. Nun will das skandinavische Land als erster Staat der Welt ab 2025 den Verkauf von Benzin- und Dieselautos verbieten. Es sollen ab diesem Jahr nur mehr Elektroautos verkauft werden dürfen. Gleichzeitig sollen Radwege und Öffis massiv ausgebaut werden. Das sieht der vor wenigen Tagen vorgestellte "National Transit Plan" für die Jahre 2018 bis 2029 laut Medienberichten vor. Das Parlament muss dem Vorhaben erst zustimmen.

 

Bis 2050 will die norwegische Regierung den gesamten Verkehr im Land erdölfrei gestalten, um im Sinne des Klimavertrags von Paris mit gutem Beispiel voranzugehen. Und zwar will Norwegen, dass ab 2025 alle neu verkauften Fahrzeuge mit Strom von Batterien oder Brennstoffzellen betrieben werden. Der Verkehrsplan bezieht erstmals auch Nutzfahrzeuge mit ein. Alle Lieferwagen, drei Viertel der Fernbusse und die Hälfte der Lkw sollen bald keine Abgase mehr ausstoßen dürfen. So sollen die CO2-Emissionen des norwegischen Transportsektors bis 2030 halbiert werden.

Strombetriebene Fahrzeuge werden in Norwegen stark vom Staat gefördert, 420 Mio. Euro schießt das Königreich im Jahr zu. Bei den E-Auto-Zulassungen ist Norwegen die Nummer eins in Europa, die weltweite Nummer eins ist China. In Norwegen werden 25 von 100 neu gekauften Fahrzeugen mit Strom betrieben. Allein 2014 wurden in dem Fünf-Millionen-Einwohner-Land fast 18.000 Elektroautos verkauft. Zum Vergleich: In Österreich waren zuletzt insgesamt 5.500 Elektroautos unterwegs, was einem Anteil von 0,1 Prozent aller Personenkraftwagen entsprach.

In Norwegen sind Fahrer von Elektrofahrzeugen privilegiert. Käufer eines Stromfahrzeugs bekommen nicht nur einen Steuerbonus von bis zu 9.000 Euro, sondern können auch an Stromtankstellen kostenlos laden. Autobahngebühren müssen sie nicht bezahlen und viele Parkplätze sind für E-Autos reserviert. Wenn es in Zukunft noch mehr E-Autos gibt, sollen allerdings ein paar Zuckerln wegfallen, etwa die Benutzung von Busspuren oder Gratisparken in Ballungsgebieten.

 

Viel Geld für Öffis

Das Erdölförderland investiert gleichzeitig viel Geld in den Öffi-Ausbau und in Radwege. Der öffentliche Verkehr soll bereits in fünf Jahren erdölfrei sein. Schon jetzt sind zahlreiche E-Busse im Königreich unterwegs, seit vorigem Jahr sogar eine strombetriebene Fähre. Sämtliche Taxis sollen bis 2022 ohne Benzin oder Diesel auskommen.

 

In den Ausbau der Radwege will das Land fast eine Milliarde Euro investieren. Zweispurige, möglichst flache Rad-"Highways" mit wenigen Kreuzungen sollen neun norwegische Städte mit ihren Vororten verbinden. Zweiradfans können dann mit bis zu 40 km/h in die Arbeit fahren.

Norwegen erzeugt seinen Strom zu 99 Prozent aus Wasserkraft.

 

Abstimmung erst nächstes Jahr

Dem ambitionierten Verkehrsplan muss das Parlament erst zustimmen, Anfang 2017 befassen sich die Abgeordneten damit. Die Chancen für ein Ja gelten als hoch.

 

In Österreich begrüßt der Verkehrsclub (VCÖ) das norwegische Vorhaben. Das Land habe langfristige Pläne, um die Ziele des Pariser Klimaabkommens zu erreichen, sagte VCÖ-Experte Christian Gratzer am Mittwoch zur APA. "Norwegen hat einen eigenen Fonds, der aus Erdöleinnahmen gespeist wird. Damit versucht man, den Verkehrsbereich so CO2-arm wie möglich zu gestalten." Österreich könne sich ein Beispiel von Norwegen nehmen.

Förderungen werden allmählich zurückgefahren

 

Viele der Subventionen sollen bis 2018 wegfallen. Die Transportbehörden glauben, dass ihr Plan trotzdem durchführbar ist, indem es zu anderen Verbesserungen kommt. So soll das Netz von Ladestationen ausgebaut werden. Auch der technische Fortschritt soll den Übergang vom Benziner zum Elektroauto erleichtern. „Voraussichtlich werden sich bis 2025 die Preise und die Funktionsfähigkeit von Nullausstoßautos, etwa in Bezug auf Batterieausdauer und Ladezeit, so weit verbessert haben, dass sie eher zur natürlichen ersten Wahl für Käufer werden. Dann können auch teure staatliche Anreize verringert werden“, sagt Jan Lund, Chef für die strategische Planung beim staatlichen Straßenamt.

Auswüchse, die kritisiert werden

 

Kritisiert wird, dass vor allem wohlhabende Großstadtbewohner, die nahe dem Arbeitsplatz wohnen und gute öffentliche Verkehrsverbindungen haben, Elektroautos als eine Art zusätzlichen Luxus kaufen. Schätzungen zufolge haben über 90 Prozent aller norwegischen Besitzer von E-Autos noch ein konventionelles Fahrzeug, also einen fossil betriebenen Zweitwagen. Oft sind es diese Elektro-Zweitwagen, die in Oslo in der Hauptverkehrszeit die Busspuren verstopfen. Eine Studie ergab kürzlich, dass sich in Oslo die Fahrzeit mit Bussen um 20 Prozent erhöht hat. Und es gibt um acht Prozent weniger Buspassagiere als vor der Einführung der Stromauto-Privilegien.