3. März 2017: Ohne CO2-Abgabe geht gar nichts

 

Dass im Bereich der erneuerbaren Energien viel Ausbau geschehen muss, ist mehrheitlich gewollt. Aber dass zugleich bei den fossilen Brenn- und Treibstoffen eine massive Reduktion geschehen müsste, das traut sich kaum ein Entscheidungsträger zu thematisieren.

 

Die Energiewende ist leider keine homogene Bewegung und kommt nicht richtig in Schwung. Es hagelt z. B. Vorwürfe in Richtung Deutschland, dass die erneuerbaren Energien zu großzügig gefördert würden und dass deshalb beim Strommarkt Chaos herrsche. In Österreich besteht die Gefahr, dass Förderungen für Windanlagen zurückgefahren werden. Da Strom wegen des zeitweisen Überschusses von den Strombörsen so billig zu bekommen ist, rentiert sich in Österreich die Errichtung von Speichern nicht, obwohl sie als Ergänzung zum doch recht schwankenden Wind- und Solarstrom dringend notwendig wären. Die Zahl der Stromhändler wächst sprungartig, und es herrscht ein Gerangel um den günstigsten Anbieter.

 

Politiker unterstützen die energieintensiven Industrien bei ihrer Forderung, die EU möge sie bei den CO2-Reduktionszielen schonen. Das System des Emissionshandels funktioniert nicht. Die Autofahrerclubs übertreffen einander im Wettern gegen die Angleichung des Dieselpreises an den Benzinpreis. Der Spritverbrauch bewegt sich eher nach oben statt nach unten. Bei den PKW-Neuzulassungen dominieren die stark motorisierten Großverbraucher.

 

So als ob es den Klimaschutz gar nicht gäbe, herrscht in Schwechat eine Riesenaufregung, weil der Bundesverwaltungsgerichtshof die Errichtung der dritten Piste verboten hat.

 

Warum kommt die Energiewende nicht in Schwung? Weil es die Politik verabsäumt hat bzw. nicht gewagt hat, fossile Brenn- und Treibstoffe (und Atomstrom) durch eine CO2-Abgabe staatlich geregelt schrittweise zu verteuern.

 

Die Folge ist, dass die Energiewende derzeit kein Substitutionsprozess ist, sondern ein Additionsprozess: Die Zuwächse bei Strom aus erneuerbaren Energiequellen dienen nicht dazu, den Einsatz fossiler Energieträger zu verdrängen, sondern insgesamt das Energieangebot zu erhöhen und somit Energie zu verbilligen. Die Folge ist Chaos. Außerdem kommt die Tatsache dazu, dass der Weltmarktpreis bei Öl sehr niedrig ist.

 

Soll beim Klimaschutz etwas weitergehen, muss das Steuersystem ökologisiert werden: Klima- und Umweltschädliches muss mit steigender Steuer belastet werden, Klima- und Umweltfreundliches muss schrittweise entlastet werden.

 

 

Wichtiges Element der Ökologisierung des Steuersystems wäre die CO2-Abgabe, also die steigende steuerliche Belastung von fossilen Brenn- und Treibstoffen (und von Atomstrom, um Ausweicheffekte zu unterbinden).

 

Natürlich sind Begleitmaßnahmen nötig:

 - Durch sozialen Ausgleich muss Energiearmut verhindert werden.

 - Für die energieintensive Industrie sind Sonderregelungen nötig.

 - Die Dynamik des Abgaben-Anstiegs muss demokratisch festgelegt werden.

 

Aufkommensneutralität könnte dadurch erzielt werden, dass im selben Ausmaß, in dem die CO2-Abgabe schrittweise angehoben wird, die Lohnnebenkosten gesenkt werden. Es würde sich also bei einer solchen CO2-Abgabe nicht um eine neue steuerliche Belastung handeln (die Finanzminister Schelling vor kurzem mit „Keine neue Steuer!“ ablehnte), sondern um eine Umschichtung.

 

Mit der CO2-Abgabe wäre eine Reihe positiver Begleiteffekte verbunden:

 

  • Wenn die CO2-Abgabe eine gewisse Höhe erreicht hat, könnte man sich die Ökostromförderung sparen, weil sich die Errichtung von Anlagen zur Ernte erneuerbarer Energien rechnen würde.

     

  • Die Errichtung von Speichern würde sich rentieren. Schon lange Zeit geplante Pumpspeicherwerke würden errichtet werden.

     

  • Der europäische Emissionshandel würde überflüssig werden. Er hat derzeit ohnehin keine Bedeutung. Er wurde vor zwölf Jahren eingeführt und verpflicht große Industrie- und Energieunternehmen – rund 11.000 an der Zahl – Zertifikate vorzuweisen, wenn sie CO2 emittieren. Ein Zertifikat deckt eine Tonne CO2. Ziel war es, durch die langsame Verringerung – und Verteuerung – der Zertifikate den CO2-Ausstoß bis 2020 um 20 Prozent (gegenüber 1990) und bis 2030 um 40 Prozent zu senken. Aus verschiedenen Gründen (z. B. weil keine Zertifikate vom Markt genommen wurden) kostet die Tonne CO2 derzeit allerdings nur rund fünf Euro, obwohl der Preis laut Experten bei 30 Euro liegen müsste, um die Ziele, zu denen sich Europa im Pariser Klimaschutzabkommen verpflichtet hat, zu erreichen. Umweltminister Rupprechter räumt ein, dass man den Emissionshandel durch eine EU-weit harmonisierte CO2-Abgabe ergänzen müsse.

     

  • Die kontraproduktive Wirkung des niedrigen Weltmarkt-Ölpreises würde wegfallen. Sich darauf zu verlassen, dass vielleicht der Ölpreis wieder steigen könnte, ist ohnehin müßig. Denn irgendwann werden doch einige Länder Ernst machen mit der Reduktion des Ölverbrauchs. Und wenn diese Zahl von Ländern steigt, bleibt der Ölpreis wegen sinkender Nachfrage im Keller.

     

  • Beim Problemkind Verkehr könnte eine Trendwende eintreten: Das Interesse von Betrieben, Transporte auf die Bahn zu verlagern, würde steigen. Eine zunehmende Zahl von Autofahrern könnte zum Umstieg auf Öffis bewegt werden. Derzeit verbraucht der Verkehr über ein Drittel des gesamten Energieeinsatzes von Österreich. Knapp 80 Prozent des Erdöls fließen in den Verkehr.   

 

Länder, in denen es bereits eine CO2-Abgabe gibt (in steigender Reihenfolge):

 

Polen (0,9 Euro pro Tonne CO2), Estland, Norwegen, Lettland, Portugal, Island, Kalifornien (USA), Quebec (Kanada), Slowenien (17,6 Euro pro Tonne CO2), Irland, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Dänemark, Finnland, Schweiz, Schweden (121 Euro pro Tonne CO2).

 

Quelle: „Energie für erdölfreie Mobilität“, Broschüre Nr. 2017-01, hgg. vom VCÖ

 

 

In so vielen Ländern gibt es bereits die CO2-Abgabe. Warum nicht in Österreich?