7. Jänner 2016: Zweifelsohne ist der Ausbau der West- und Südbahnstrecke wichtig. Aber…

 

 

Damit im Sinne des Klimaschutzes das Energieeffizienzpotenzial des Systems Bahn zum Tragen kommen kann, braucht es in ganz Österreich ein hohes Maß an Bahn-Attraktivität und -Kapazität. Dazu ist eine Änderung bei den Rahmenbedingungen notwendig – und im Rahmen eines Gesamtplans für Mobilität eine österreichweite Bahn-Offensive, deren wichtiger Bestandteil häufig eine Infrastruktur-Offensive sein muss.

 

Eine solche Infrastruktur-Offensive ist derzeit – abgesehen von Erhaltungsmaßnahmen und von kleineren Ausbaumaßnahmen – leider nur beim hochrangigen Bahnnetz erkennbar, und da auch nur auf der West- und Südbahnstrecke.

 

Dass der Ausbau der West- und Südbahnstrecke sehr wichtig ist, daran besteht kein Zweifel. Die Landeshauptstädte sollen dadurch optimal mit Wien verbunden werden.

 

Aber – um beim hochrangigen Netz zu bleiben – auch für die alpenquerenden Bahnlinien zwischen den südlichen Landeshauptstädten Graz und Klagenfurt einerseits und den nördlichen bzw. westlichen Linz, Salzburg und Innsbruck/Bregenz andererseits müsste es für die bestehenden Bahnlinien Ausbau-Perspektiven in Richtung Schnellzugtauglichkeit geben. Dasselbe gilt für die Verbindungen von diesen Städten zu den Ballungsräumen in den Nachbarstaaten.

 

Außerdem sind die alpenquerenden Bahnlinien auch Lebensadern für die inneralpinen, strukturschwachen Räume, Basis für die dortigen Nah- und Regionalverkehre und wichtiges Element der Raumerschließung und Raumgestaltung, somit Voraussetzung für Entwicklung und Prosperität. Sie sind die bereits vorhandene Struktur klimafreundlicher E-Mobilität und aus sozialen Gründen (Gerechtigkeit, Daseinsvorsorge) eine enorm wichtige Alternative zum Auto. Von attraktivem Schnellzugverkehr würden die inneralpinen Knoten und somit der inneralpine Nah- und Regionalverkehr profitieren.

 

Leider haben sich bei der Erstellung des „Zielnetz 2025+“ zentralistische (auf Wien bezogene) Kurzsichtigkeit und Kleinkariertheit durchgesetzt, sodass für viele dieser Strecken nur minimale Verbesserungen vorgesehen sind.

 

Dazu ein Link: http://www.inamo.at/wp/ („Nicht jede Bahnfahrt muss über Wien gehen“)

 

 

 

Die falsche Verkehrspolitik zeigt sich eklatant am Beispiel der Pyhrn-Summerauer-Achse

 

Im IC-Verkehr zwischen Graz und Linz – gegenwärtig nur zwei Zugpaare pro Tag – ist bloß eine Fahrzeitverkürzung von derzeit drei Stunden auf 2 3/4 Stunden geplant, während man diese Distanz mit dem PKW nach Vollendung des Autobahnausbaus in gut zwei Stunden zurücklegen wird. Kann man bei solchen Voraussetzungen Autofahrer für die Bahnnutzung gewinnen?

 

Und auf der Summerauer Bahn wurde trotz gegenteiliger Versprechen nach der Ostöffnung praktisch nur in den Bestand investiert, während daneben eine kürzere autobahnähnliche Schnellstraße hingeklotzt wurde.

 

Dass das „Zielnetz 2025+“ auch tatsächlich in seiner Halbherzigkeit umgesetzt wird, konnte man im 55 Kilometer langen 70-km/h-Pyhrnbahn-Flaschenhals Kirchdorf-Selzthal bei der Erneuerung der beiden Brücken über die Steyr (Klaus-Stausee) und über die Teichl in den Jahren 2013 und 2014 erleben. Statt auf diesem vier Kilometer langen Abschnitt --- einen ersten Schritt in Richtung Attraktivität und mehr Kapazität zu setzen und Zweigleisigkeit vorzusehen und im Sinne von Schnellzugtauglichkeit deutliche Linienbegradigungen bzw. Bogenverflachungen vorzunehmen, wurden die beiden, 20 Millionen Euro teuren Brücken bloß eingleisig errichtet und lediglich in die 70-km/h-Linie eingefügt. Eine teure Investition, die nichts bringt!

 

Man hätte sich angesichts des knappen Geldes mit der Erneuerung einer Brücke begnügen können, dafür aber in schnellzugtauglicher, zweigleisiger Ausführung. Einige Jahre später hätte man sich der Erneuerung der zweiten Brücke widmen können. Aber leider wurden Tatsachen geschaffen, die nicht aufwärts kompatibel sind. „Gott sei Dank nur eingleisig“, müsste man fast sagen, denn so kann man auf lange Sicht wenigstens die Brücke für das zweite Gleis – mit enormem zusätzlichen Aufwand – in schnellzugtauglicher Linie situieren.

 

Es wäre entsetzlich, würde diese halbherzige Vorgangsweise fortgesetzt und für die nächsten 100 Jahre in Beton gegossen. Es würde künftig weder im Fernreiseverkehr Linz-Graz noch im Regional- und Nahverkehr, der zwischen Kirchdorf und Selzthal schon heute große Taktlücken aufweist, eine ausreichende Attraktivitätssteigerung möglich werden. Die Güterzüge müssten auch in Zukunft, weil ein durchgehendes zweites Gleis nicht vorhanden ist, immer wieder ausweichen und würden beim neuerlichen Beschleunigen den gesamten Energieeffizienz-Vorteil der Schiene vernichten.

 

Solche Halbheiten dürfen nicht mehr passieren! Deshalb ist für die 104 Kilometer lange Pyhrnbahn Linz-Selzthal ein Ausbauplan zu erstellen, der Schnellzugtauglichkeit und durchgehende Zweigleisigkeit vorsieht. Bei der Umsetzung dieses Planes kann man wegen des knappen Geldes in kleinen Schritten vorgehen (vornehmlich dort, wo sowieso Erneuerungen notwendig sind), aber jeder Schritt muss diesem Plan „aufwärts kompatibel“ entsprechen.

 

Im topographisch schwierigeren Pyhrnbahn-Abschnitt Kirchdorf-Selzthal müssten die beiden Gleise nicht durchgehend parallel geführt werden, sondern sie könnten zum Teil auch getrennt verlaufen. Das heißt, das Bestandgleis könnte abschnittsweise im derzeitigen Linienverlauf belassen werden, und für das neu zu errichtende schnellzugtaugliche Gleis könnte in diesen Abschnitten eine gesonderte Linie für 160 km/h Ausbaugeschwindigkeit errichtet werden. Durch diese Ausbauart wäre es möglich, dass das Schnellzuggleis um einige Kilometer kürzer wäre als das Bestandgleis. Es wären dafür natürlich einige Tunnels nötig, der Tunnelanteil wäre aber laut Untersuchungen immer noch deutlich kleiner als auf der parallelen Pyhrnautobahn A 9.

 

Langfristiges Ziel müsste sein, dass IC-Züge Linz-Graz den Abschnitt Linz-Selzthal in knapp 60 Minuten zurücklegen können. Derzeit benötigen sie (mit zahlreichen Zwischenhalten) 90 Minuten. Im „Zielnetz 2025+“ sind 75 Minuten vorgesehen.

 

Dass die ÖBB betriebswirtschaftlich agieren, ist verständlich, ja legitim. Aus Sicht der ÖBB ist der durchgehend zweigleisige, schnellzugtaugliche Ausbau der Pyhrnbahn nicht notwendig bzw. nicht finanzierbar. Aber müssten der Klimaschutz und somit die von Weitblick getragene Gestaltung der Bahn-Infrastruktur nicht Sache der Politik sein? Ist es akzeptabel, dass Autobahnen auf Grund politischen Willens errichtet werden, während die Politik bezüglich Bahnausbau die Entscheidungen den ÖBB überlässt?

 

 

Link zur Pyhrnbahn (DI Lukas Beurle): http://www.inamo.at/wp/pyhrnbahn-ausbau-ueberfaellig/  („Pyhrnbahn-Ausbau überfällig“)

 

Vorschlag für den Ausbau des Pyhnbahn-Abschnitts Kirchdorf-Selzthal von Heinrich Höbarth: http://ksi.jimdo.com/aktivitäten/projekte-2009/2-pyhrnbahn/