Wie notwendig sind motorisierter Straßenverkehr und Flugverkehr?

 

 

Oft hört man die Forderung, "Nicht notwendigen motorisierten Verkehr vermeiden" als Gestaltungsgrundsatz.

 

In diesem Kapitel wollen wir uns der Frage der Notwendigkeit gründlich auseinander setzen.

 

 

 

1. AKUTE NOTWENDIGKEITEN

 

Zur Rettung von Menschenleben und in akuten Schadensfällen (Krankheit, Unfall, Brand, Hochwasser, sonstige Katastrophen).

 

 

 

2. ALLTÄGLICHE NOTWENDIGKEITEN (GRUNDMOBILITÄT)

 

Notwendige Personen- und Gütertransporte, die nur mit Motorfahrzeugen durchführbar sind.

 

2.1. NOTWENDIGER WERKTÄGIGER PERSONENVERKEHR MIT PKW, MOTORRAD ODER MOPED, WEIL DIE ÖFFENTLICHEN VERKEHRMITTEL (ÖPV) NICHT ZUR VERFÜGUNG STEHEN (BERUFSVERKEHR, SCHÜLERVERKEHR, EINKAUFS- UND BESORGUNGSVERKEHR, REGELMÄSSIGER FREIZEITVERKEHR)

 

2.2. NOTWENDIGE MOTORISIERTE FAHRTEN FÜR BEHINDERTE ODER ALTE PERSONEN, DIE ÖPV-MITTEL NICHT BENÜTZEN KÖNNEN

 

2.3. NOTWENDIGE GÜTERTRANSPORTE MIT MOTORFAHRZEUGEN ÜBER NOTWENDIGE DISTANZEN
a) Transport nicht tragbarer Güter, wie z.B. Kühlschränke, Waschmaschinen, Möbel, Baumaterialien.
b) Versorgung des Handels mit Verbrauchs- und Gebrauchsgütern.
c) Transport von Rohstoffen, Halbfertig- und Fertigwaren für die Wirtschaft.

 

2.4. BETRIEB VON LANDWIRTSCHAFTLICHEN UND BAUMASCHINEN

 

 

 

3. "VEREDELNDER" MOTORISIERTER STRASSENVERKEHR UND FLUGVERKEHR

 

Reisen mit Personen-Kraftfahrzeugen und Flugzeugen, die der Verschönerung unseres Daseins, der Weiterbildung, dem Kennenlernen anderer Kulturen und der Kontaktaufnahme mit anderen Völkern dienen.

Bedingung:

  • Sozial und ökologisch verträglich
  • Mäßige Distanzen bzw. mäßige Häufigkeit
  • ÖPV-Mittel nicht ausschließend

3.1. WEGORIENTIERTES REISEN: GENIESSEN DES FAHRENS AN SICH, DER FREIHEIT, DER GESCHWINDIGKEIT, DER LANDSCHAFT

 

3.2. ZIELORIENTIERTES REISEN: ERLEBNISSE, SEHENSWÜRDIGKEITEN, KONTAKTE USW. AM ZIELORT BZW. IM ZIELGEBIET

 

3.3. FAHRTEN ZU VERANSTALTUNGEN (AUFFÜHRUNGEN, KURSE ...), DIE MIT ÖPV-MITTELN NICHT ODER NUR SCHWER ERREICHBAR SIND

 

 

 

4. NICHT NOTWENDIGER STRASSEN- UND FLUGVERKEHR

 

4.1. VERHALTENSBEDINGTER NICHT NOTWENDIGER PERSONEN-STRASSENVERKEHR

a) Personenverkehr, der vermeidbar wäre - durch besseres Timing und durch bessere Organisation des Privatlebens (z.B. mit einem Einkaufszettel einkaufen gehen / fahren, um sich weitere Einkaufsgänge / Einkaufsfahrten zu ersparen).

b) Notwendiger Verkehr, der vom PKW bzw. Flugzeug weg verlagerbar wäre

  • auf den ÖPV
  • auf den nicht motorisierten Individualverkehr (Fahrrad, zu Fuß)

 

4.2. PERSONEN-STRASSENVERKEHR. DER NICHT NOTWENDIG WÄRE, WENN DIE POLITISCHEN ENTSCHEIDUNGSTRÄGER RECHTZEITIG IN DIE ENTWICKLUNG UNGÜNSTIGER STRUKTUREN EINGEGRIFFEN HÄTTEN (ZWANGSMOBILITÄT)
a) Mangelnde Nahversorgung
b) Große Entfernung zu den Arbeitsplätzen
c) Zersiedelung der Landschaft
d) Schlechtes bzw. fehlendes Angebot im ÖPV

 

4.3. MARKT- UND STRUKTURBEDINGTER NICHT NOTWENDIGER STRASSEN-GÜTERVERKEHR

a) Straßen-Gütertransporte kreuz und quer durch Europa, die vermeidbar wären,

  • wenn unsinnige Gesetze, die unnötige Transporte verschreiben, geändert würden;
  • wenn der Markt ökologisiert würde (ökologische Rahmenbedingungen). Bei den derzeitig geringen Transportkosten und hohen Arbeitskosten erzwingt der Kostendruck regionale Arbeitsteilung und daher lange Transportwege.

b) Straßen-Gütertransporte, die verlagerbar wären - vor allem auf die Bahn,

  • wenn der Straßenverkehr für die Kosten, die er verursacht, auch voll aufkommen müsste;
  • wenn die Bahn-Angebote attraktiver wären.

 

4.4. NICHT NOTWENDIGER FLUGVERKEHR

Für die meisten Menschen besteht keine Notwendigkeit für häufige Flugreisen. Hohes Einkommen ermöglicht es heute vielen Bürgerinnen und Bürgern der reichen Industrieländer, die Vorteile des billigen Fliegens zu nützen.
Auf dem Kontinent ist ein großer Teil der Flugreisen auf die Bahn verlagerbar.

 

 

 

 

5. UNMÄSSIGES MOBILITÄTSVERHALTEN (ÜBERTREIBUNG)

 

Ursachen:
a) Sucht, Bequemlichkeit, Gedankenlosigkeit, Sturheit, Luxusdrang, Unbescheidenheit, Rücksichtslosigkeit, Vergnügungssucht - EGOISMUS
b) Unwissenheit

 

Unmäßigkeit äußert sich

  • im häufigen Fehlverhalten beim Fahren (aggressive Fahrweise ...)
  • im häufigen Konsum nicht notwendiger bzw. verlagerbarer Fahrleistungen
  • im häufigen Fahren sehr langer Strecken
  • im häufigen Fahren extrem kurzer Strecken, die auch zu Fuß oder mit dem Rad zurückgelegt werden könnten
  • in der Vernachlässigung des Fahrzeuges, sodass es z.B. durch zu geringen Reifendruck mehr Energie verbraucht
  • im unbescheidenen Verhalten beim Fahrzeugkauf (ohne Notwendigkeit großvolumige, schwere Personenkraftwagen)
  • in häufigen Flugreisen, noch dazu über große Distanzen, ohne dass dafür irgendwelche Notwendigkeiten bestehen

 

Man kann davon ausgehen, dass etwa die Hälfte unseres motorisierten Straßenverkehrs nicht notwendig ist bzw. ohne Verlust an Lebensqualität vermieden werden könnte. 40% unserer PKW-Fahrten sind laut Aussage des "Österreichischen Gesamtverkehrskonzeptes 1991" (BM für öff. Wirtschaft und Verkehr, Seite 169) kürzer als 3 km.

 

Gerade der nicht notwendige bzw. der unmäßige motorisierte Straßenverkehr ist der Hauptverursacher der Staus und somit auch der Staukosten und des Druckes in Richtung Straßenbau.