19. September 2011: Der Verkehr – Problembereich beim Klimaschutz

 

34 % des Endenergieverbrauches beansprucht der Verkehr. Er verbraucht zwei Drittel des gesamten Rohöls. Er ist die Hauptursache, dass wir das Kyoto-Ziel nicht erreichen.

 

Was kann ich dazu beitragen, damit im Verkehrssektor endlich der Umwelt- und Klimaschutz deutlicher zu Tragen kommt? Welche Maßnahmen kann/muss die Politik setzen?

 

Wir kennen die drei Grundsätze:

  • Motorisierten Verkehr vermeiden.
  • Motorisierten Straßenverkehr auf verträglichere Verkehrsmitteln oder Verkehrsträger verlagern.
  • Verkehrsmittel bezüglich Energieverbrauch und Schadstoffemissionen optimieren.

 

In diesen drei Grundsätzen steckt vieles, was uns zum Nachdenken anregt. Die Wochen um den 22. September, den EU-weiten „Mobilitätstag“, waren ein Anlass, unser Mobilitätsverhalten kritisch zu hinterfragen.

 

Selbstverständlich ist uns klar, dass Freiwilligkeit und Förderungen zwar wichtig sind, aber nicht reichen werden, um die Ökologisierung des Verkehrs voranzutreiben. Soll in Richtung Halbierung unseres Energieverbrauches auch im Verkehrssektor etwas weitergehen, braucht es in hohem Maße das Engagement der Politik. Sie muss Ziele vorgeben, Bevölkerung und Wirtschaft von der Notwendigkeit dieser Ziele überzeugen und von ihnen – und auch von sich selbst – Anstrengungen und Verhaltensänderungen einfordern. Nur sie verfügt über die Macht und die Instrumente, um intensiv und breitenwirksam die Verkehrsentwicklung beeinflussen zu können, für möglichst ganzheitlichen Ausbau der Bahn-Infrastruktur sorgen zu können und der Fahrzeugindustrie vorschreiben zu können, wohin die Entwicklung zu gehen hat.

 

Aber sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Seiten der EU zeichnet sich die Politik in punkto Verkehr durch Zögern bis hin zu Nichtstun aus. Oder sie agiert gar in die fasche Richtung.

 

Wir brauchen Politiker, die endlich den Mut haben, den Menschen offen zu sagen, dass wir den Energieverbrauch halbieren müssen, auch im Verkehrssektor, und die sich auch trauen, von der Bevölkerung, von der Wirtschaft und von sich selbst die nötige Verhaltensänderung und Finanzierungsbereitschaft zu verlangen – zu uns aller Vorteil.

 

Wir sind Realisten genug, um zu wissen, dass nur durch teurer werdende Energie bei der Energie- und Verkehrswende etwas weitergehen kann. Sollen wir uns da auf die launischen, von Spekulationen abhängigen Weltmarktpreise bei Öl verlassen, die einmal steigen, einmal fallen? Sicher, der Ölpreis wird irgendwann in die Höhe schnellen und hoch bleiben. Aber wann? Ist es sinnvoll, die Energie- und Verkehrswende vom Ölpreis abhängig zu machen – und damit zu riskieren, dass dann der extrem hohe Ölpreis eine Krise auslöst, in der die Energie- und Verkehrswende gar nicht mehr möglich ist?

 

Besser ist es, sich für einen geordneten, also rechtzeitig beginnenden, konsequenten Umstieg zu entscheiden. Das heißt, Österreich muss die Entwicklung selber in die Hand nehmen und sich der Ökologisierung von Energie- und Verkehrabgaben widmen.

 

Eine einmalige Erhöhung der Mineralölsteuer hat allerdings keine lenkende Wirkung. Das muss schon eine Abgabe sein – etwa eine CO2-Abgabe auf fossile Treibstoffe (und Brennstoffe) – die über einen längeren Zeitraum nach einer festgelegten und allen bekannten Anstiegsdynamik in kleinen Schritten angehoben wird. Die aus dieser Abgabe resultierenden Mehreinnahmen des Staates müssen einem Fonds zufließen, aus dem ein Teil des Geldes für die Senkung der Arbeitskosten (Lohnnebenkosten) verwendet werden soll und der andere Teil für Klimaschutz-Investitionen, z.B. für Energie- und Mobilitätsberatung und für den Öffentlichen Verkehr (ÖV).

 

Die bevorstehende Steuerreform wäre ein passender Anlass für die Einführung einer CO2-Abgabe! Begleitend sind aber zwei flankierende Maßnahmen erforderlich:

1)      Flächendeckende Energie- und Mobilitätsberatung

2)      Flächendeckenden Öffentlichen Verkehr (ÖV)

 

Zu 1: Der Bevölkerung und der Wirtschaft muss durch Energie- und Mobilitätsberatung (z.B. haupt- und ehrenamtliche Berater/innen in jeder Gemeinde) geholfen werden, die durch die steigende Abgabe teurer werdende Energie durch geringeren Energieverbrauch zu kompensieren und dadurch einen Anstieg der Ausgaben für Energie weitgehend zu vermeiden (der Aufkommensneutralität vergleichbar). Damit die ärmeren Bevölkerungsschichten nicht unter die Räder gelangen, benötigen sie intensives Coaching, verbunden mit besonderen finanziellen Zuwendungen.

 

Zu 2: Wir brauchen Politiker, denen flächendeckender, attraktiver ÖV als Alternative zur teuerer werdenden Auto-Nutzung ein Anliegen ist: Kampf gegen den Ersatz von Bahnverkehren durch Busse, gegen die Ausdünnung des ÖV in ländlichen Gebieten und über die Wochenenden, gegen die Ausdünnung des inneralpinen Schnellzugverkehrs (Graz-Linz/Salzburg/Innsbruck), Einsatz für regelmäßigen Taktverkehr, für attraktive Anschlussverkehre (Abseits von Bahnlinien sollen Anrufsysteme außerhalb der Hauptverkehrszeiten in dünn besiedelten Gebieten eine wichtige Ergänzung zu den Zubringerlinien bilden), für radikale Vereinfachung des Tarifsystems, für den Ausbau des Bahnnetzes usw.

 

In der Verkehrspolitik stehen sowohl in der EU als auch in Österreich immer noch das Auto, der LKW und der Straßenbau im Vordergrund. In der EU-Kommission herrscht zum Teil eine bedrohliche Offenheit bezüglich Zulassung von „Gigalinern“ (Riesen-LKW’s, 25 Meter lang, bis zu 60 Tonnen schwer). In Österreich gibt es unzählige Beispiele, wo der Straßenbau Vorrang genießt vor dem Bahnausbau. In Oberösterreich wird mit Zähnen und Klauen die Errichtung des „Linzer Westringes“ gefordert, obwohl dieser bei gut funktionierendem ÖV nicht notwendig ist.      

 

Die Politik muss auch den Mut aufbringen, der umwelt- und klimaschädigenden LKW-Flut den Kampf anzusagen. Wir brauchen Politiker, die sich bei der LKW-Maut nicht auf die Vorgaben der EU ausreden, sondern sich – trotz Widerstand der Frächterlobby – die Schweiz zum Vorbild nehmen, deren Wirtschaft trotz Bemautung aller Straßen und trotz doppelter Mauthöhe nicht zugrunde gegangen ist. Ein Teil der Mauteinnahmen wird in der Schweiz für den Ausbau des Bahnnetzes eingesetzt.