24. September 2021: Der Streik für das Klima lebt wieder auf

 

Den Startschuss für die Fridays-for-Future-Bewegung gab Greta Thunberg vor drei Jahren, als sich die damals 15-jährige Schülerin mit einem „Schulstreik für das Klima“-Schild in Stockholm auf die Straße setzte. Ihr Protest fand Nachahmer auf der ganzen Welt und kam 2018 auch in Österreich an. Die Demonstration kurz vor der Nationalratswahl 2019 wurde zum größten Klimaprotest, den Österreich je gesehen hat: Die Organisatoren zählten 110.000, die Polizei 70.000 Teilnehmer.

 

Dass es um die Bewegung zuletzt leiser wurde, liegt auch an der Pandemie. Ihren Leitsatz „Hört auf die Wissenschaft“ wenden die Aktivisten nicht nur auf die Klima-, sondern auch auf die Coronakrise an und verlagerten ihren Protest in den vergangenen Monaten in die virtuelle Welt. Doch die Online-Aktionen gingen schleppend voran, die schnellen Erfolge blieben aus. „Wie alle Protestbewegungen haben wir Wind aus den Segeln verloren“, sagt Hiroyuki Shima von Fridays for Future Salzburg auf Anfrage der Tageszeitung „Salzburger Nachrichten“. Die Fridays wollen nun ihre alte Kraft zurückerlangen.

 

Die Klimaschützer waren aber nicht untätig. Zuletzt gab es etwa in Wien zahlreiche Aktionen gegen Straßenbauprojekte: Vor Kurzem besetzten Greenpeace-Aktivisten das Rathaus.

 

Ebenfalls diese Woche belagerten Aktivisten von Extinction Rebellion die SPÖ-Zentrale. Seit Ende August befindet sich in der Lobau ein Protestcamp. Mit all diesen Aktionen wollen die Aktivisten den Bau der Stadtstraße Aspern und des Lobautunnels verhindern.

 

Dass sich auch Fridays-for-Future-Aktivisten dem Bagger entgegenstellen, hat einige überrascht. Zwar bekennen sich die Fridays nach wie vor zur Gewaltfreiheit, gegen passiven Widerstand haben manche von ihnen aber nichts einzuwenden. Sie radikal eine Bewegung sein muss, um politisch etwas zu bewirken, wird seit jeher kontrovers diskutiert. Fakt ist: Die Fridays schafften, was zuvor weder Wissenschaft noch engagierten Klimapolitikern gelungen ist, nämlich die Klimakrise in der Wahrnehmung der breiten Öffentlichkeit zu verankern. Dafür mitverantwortlich sind nicht zuletzt die Medien, die lieber über streikende Schüler berichten als über traurig dreinblickende Eisbären auf einsamen Eisschollen.

 

Die Fridays ebneten zudem den Weg für den Wahlerfolg der Grünen bei der EU-Wahl und der Nationalratswahl. Die Grünen sitzen seit eineinhalb Jahren in der Regierung. Das schlägt sich realpolitisch nieder: Das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz loben selbst kritische Klimaexperten, CO2-Preise sind – und das ist eine Trendwende – heute selbst für die ÖVP kein rotes Tuch mehr.

 

Jetzt darf man gespannt sein, was die ökosoziale Steuerreform und das Klimaschutzgesetz bringen werden. Daran wird der Erfolg der Grünen zu bemessen sein. Die Aktivisten von Fridays for Future hoffen naturgemäß auf einen großen Wurf – falls es einer wird, haben sie ihr Scherflein dazu beigetragen.

 

Quelle: Tageszeitung „Salzburger Nachrichten“ vom 24. September 

 

 

Was sagt Monika Langthaler, Ökologin und ehemalige grüne Nationalratsabgeordnete?

 

Die jungen Menschen nehmen ihre Zukunft, um die sie völlig zu Recht Angst haben, heute selbst in die Hand. Ihre Bewegung hat weltweit große Aufmerksamkeit, aber auch Druck bei Regierungen und Unternehmenschefs erzeugt. 

 

Wäre das Thema nicht so sichtbar gewesen, wäre die Nationalratswahl anders ausgegangen. Auch Greta Thunberg selbst hat sehr viel Druck ausgeübt, etwa durch ihre medienwirksame Atlantiküberquerung. Die von ihr gestartete Bewegung hatte einen großen Anteil daran, dass mittlerweile so gut wie alle Staatschefs die Klimakrise beim Namen nennen und das Thema zur Kernaufgabe machen wollen.

 

Auf die Frage, ob sich die Lage radikalisiere, antwortet Langthaler, dass sie dies bezweifle, denn mit radikalen Methoden gewinne man keine Mehrheiten. Wir müssen den politisch Verantwortlichen vor Augen halten, dass technologisch schon sehr viel möglich ist. Wenn wir jetzt handeln, haben wir die Chance, die Klimakrise zu bewältigen.