10. Mai 2017: Klimawandelskeptizismus – Berechtigt? Unberechtigt?

 

 

„Meine Analysen der Klimagleichungen und Statistiken zeigen, dass manche Unsicherheiten in den Klimamodellen größer sind als gedacht. Das ist nicht verwunderlich: Ist doch ein so komplexes Phänomen wie das Klima mit seiner Unmenge von Variablen auch mit den aufwendigsten Computermodellen nur schwierig zu simulieren“, meint die Salzburger Wissenschafterin Charlotte Werndl.

 

„Dennoch“, sagt sie, „an der menschengemachten Erderwärmung gibt es keinen Zweifel.“

 

Nach Meinung des US-Präsidenten Donald Trump ist der Klimawandel ein Schwindel. Die Temperatur gehe hinauf und hinunter – „It goes up, it goes down“ – sagt Trump zu seinem Zweifel daran, dass die gegenwärtig zu beobachtende globale Erwärmung großteils menschengemacht sei. Diese Haltung wird als Klimawandelskeptizismus bezeichnet, und sie könnte zu Trumps Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen führen.

 

Woher kommt solch ein Klimawandelskeptizismus? Das habe bei Trump u. a. mit einem simplen Bild von Wissenschaft zu tun, sagt Charlotte Werndl, Professorin für Logik und Wissenschaftstheorie an der Universität Salzburg. „Trump argumentiert, es gebe keine hundertprozentige Sicherheit, dass der globale Klimawandel menschengemacht sei. „Da hat er recht“, sagt Werndl. „Aber eine hundertprozentige Sicherheit kann die Wissenschaft nie erreichen. Das sind falsche Erwartungen.“

 

Vereinzelte klimaskeptische Publikationen, die für enorm viel mediale Aufmerksamkeit sorgten, dürften nicht der Grund sein, die ganze seriöse Klimaforschung in Frage zu stellen.

 

„Fakt ist“, so Werndl, „sämtliche Klimamodelle kommen zu dem Schluss, dass natürliche Ursachen allein den derzeitigen Klimawandel nicht erklären können.“ Trumps Klimawandelskeptizismus hänge eng mit dem generellen Wissenschaftsskeptizismus und der Geringschätzung der Wissenschaft durch Trump zusammen.

 

Dabei räumt die Wissenschafts- und Klimaphilosophin, die an der London School of Economics eng mit Klimawissenschaftern kooperiert, durchaus ein, dass gewisse Vorhersagen in den Klimawissenschaften mit beträchtlichen Unsicherheiten behaftet seien. Vor allem auf lokaler Ebene. Wie sich etwa im Pinzgau im Winter die Niederschläge und die Temperaturen entwickeln würden, lasse sich kaum prognostizieren.

 

Vorhersagen über die Durchschnittstemperatur der Erde seien hingegen leichter möglich. „Meine Analysen der Klimagleichungen und Statistiken zeigen, dass manche Unsicherheiten in den Klimamodellen größer sind als gedacht. Das ist nicht verwunderlich: Ist doch ein so komplexes Phänomen wie das Klima mit seiner Unmenge von Variablen auch mit den aufwendigsten Computermodellen nur schwierig zu simulieren.“ 

 

Dennoch: An der menschengemachten Erderwärmung gebe es keinen Zweifel, und für Klimawandelskeptizismus gebe es absolut keinen Grund. Im Gegenteil: Es bestehe weiter dringender Handlungsbedarf. „Ein Rückzug Trumps aus dem Pariser Klimaprotokoll wäre ein großer Rückschlag“, sagt Werndl.

 

Im Pariser Klimaprotokoll haben sich die Unterzeichnerstaaten verpflichtet, die Erderwärmung auf unter zwei Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.

 

 

 

Quelle: Tageszeitung „Salzburger Nachrichten“ vom 10. Mai 2017